Kunstschaffende
Nachlässe
Erbverträge
Franziska Megert (*1950)
Bürgerorte: Steffisburg (BE)
Schaffensort: Bern und Düsseldorf
1971–78 studiert Franziska Megert an der Universität Bern Psychologie. Gemeinsam mit Christian Megert zieht sie 1973 nach Düsseldorf und pendelt in der Folgezeit zwischen Düsseldorf und Bern. Nach Abschluss des Studiums besucht sie an der Kunstakademie Düsseldorf Kurse in Fotografie, Film und Video. Während ihres Psychologiestudiums benutzt sie die Videokamera und den Fotoapparat zu Dokumentationszwecken. Ihre ersten künstlerischen Arbeiten sind Fotoserien aus Überblendungen von Porträts. Bald danach erste Filme mit dokumentarischem und experimentellem Charakter in S-8- und 16mm-Format. Ab 1981 Videobänder und ab 1984 Videoinstallationen. Seit 1986 benutzt sie Laserprint-Collagen für Projektentwürfe. Ab 1991 Einbezug des Computers vorerst zur digitalen Bearbeitung der Videobilder, ab 1995 auch zur Erstellung von Computeranimationen und Computergrafiken. Ab 2006 interaktive Installationen.
1984 und 1987 Videopreis des Kantons Bern, 1988 Werkbeitrag der Eidgenössischen Kunstkommission, 1989 Werkbeitrag des Kunstfonds Bonn, 1992 Werkbeiträge der Stadt und des Kantons Bern, 1994 Preis der Berner Biennale 94. 1993 und 1994 Lehraufträge in Paris und Montréal. Im Anschluss an ihre erste Ausstellung im Treppenhaus des Kunstmuseums Bern 1982 zahlreiche Einzel- und Gruppenausstellungen in Europa und Asien, in den USA und in Kanada sowie Teilnahmen an internationalen Video- und Filmfestivals. 2006 wird ihr Schaffen im Rahmen der grossen Videokunst-Retrospektive im Zentrum für Kunst und Medientechnologie in Karlsruhe ausgestellt, das CentrePasquart widmet ihr 2011 eine grosse Einzelausstellung mit dem Titel Jeu de lumière.
Als ein zentrales Anliegen ihrer Arbeiten betrachtet Franziska Megert die Darstellung psychischer Prozesse, die sowohl monologischer als auch interaktiver Natur sein können. Emotionale Erlebnisse versteht die Künstlerin als Vorgänge, die mit der Erfahrung nicht auflösbarer Gegensätze verbunden ist. Sie begreift psychische Vorgänge als psychophysische Einheit. Wiederholt bedient sie sich Video- und Computeranimationen zur Darstellung transitorischer und ephemerer Beziehungsstrukturen. Den Ausgangspunkt einer Videoinstallation nehmen oftmals Laserprint-Collagen, welche der Abklärung formaler Kriterien dienen. Mit Hilfe von Einkanal-Videoaufnahmen legt die Künstlerin Faktoren wie Bewegung und Filmausschnitt fest. Auf die Konzeptionsphase folgt die eigentliche Produktion der Videoinstallation in Zusammenarbeit mit Informatikern, Technikern, Darstellern und Hilfskräften vor Ort.
In ihrer Arbeit OFF hält sie das in sich zusammenfallende weisse Licht-Rechteck, welches früher beim Ausschalten eines Fernsehgerätes erschien, mittels einer Videokamera fest. Nur optisch, nicht aber magnetisch konnte man dieses ‚Signal‘, welches den Schluss einer Ausstrahlung markierte, aufzeichnen. Unzählige solcher Endbilder montiert die Künstlerin zu einem zweiminütigen Loop mit dem Effekt, negativer Information wiederum Gehalt zu verleihen.
In den 1990er-Jahren arbeitet Megert zusammen mit Architekten im Bereich computergestützten Entwerfens, was zu einer intensiven Auseinandersetzung mit räumlichen Fragestellungen und damit im Zusammenhang zu 3D-Animationen führt. In ihrer Serie, Benchmarks 2008 oder Bonus aus dem Jahr 2009, findet sie wieder zu ihrem Anfangsmedium, der Fotografie zurück. Sie überzieht rostfreie Stahlplatten mit Abbildern von porösen und korrodierten Metalloberflächen. Erneut stellt sie den Betrachter vor einen unauflöslichen Widerspruch.
Die Arbeiten, die Franziska Megert im Bereich Videokunst geschaffen hat, finden international Anerkennung. Wulf Herzogenrath dokumentiert Franziska Megerts Schaffen in der grundlegenden Publikation Videokunst in Deutschland 1963– 1982. 1990 erwirbt das Zentrum für Kunst und Medientechnologie in Karlsruhe die beiden Videoinstallationen Das Spiel mit dem Feuer (1989) und Arachne-Vanitas (1992). Zusammen mit Anna Winteler verkörpert Franziska Megert die Pioniergeneration Schweizer Videokünstlerinnen der 1980er-Jahre.
Werke: Kunstmuseum Bern; Kunstakademie Düsseldorf; Museum Folkwang Essen; Karlsruhe, Museum für Neue Kunst, Zentrum für Kunst und Medientechnologie; Stuttgart, Institut für Auslandsbeziehungen.
Textquelle: SIKART, Walther Fuchs, 1998, aktualisiert durch die Redaktion, 2015
Webseite: megert.de