Kunstschaffende
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Erbverträge
Martina Lauinger (1962 – 2020)
Bürgerort: Scuol (GR)
Schaffensort: Münsingen
Martina Lauingers künstlerische Intention ist ebenso komplex wie der gestalterisch-handwerkliche Prozess wesentlich ist. Ihre Faszination ist die Handwerklichkeit, das Gespür für das Material, die Formbarkeit und Gestaltungsfreiheit. Martina Lauinger ist fasziniert, aus der Einfachheit der schlichten Form eine Vielfalt an Aussagemöglichkeiten zu erschaffen.
Dazu schneidet sie die Rohre auf, formt und biegt bis zur durchdachten Idee, verschweisst und überschleift die Nähte, schliesst sie, ein wenig «Rost dazu» bis ein einheitlich wirkendes Ganzes sich eröffnet: schlanke, mannigfaltig sich formierende Plastiken, die einfach scheinen. Aber nicht immer ist das Einfache einfach. Dazu inspiriert eine gestalterische wie auch inhaltliche Idee die weitere formale Auseinandersetzung und Entwicklung.
Eines der wichtigen Themen ihres künstlerischen Schaffens sind seit vielen Jahren die Chromosomen, die Träger unserer Erbinformationen und damit unsere Eigen- und Wesensarten. Kleine stab- oder hakenförmige Strukturen, die je nach Phase ihre Form verwandeln, sich aufwickeln, entknoten oder vernetzen und wieder zur neuen, einfachen Figuration finden. So spielt Martina Lauinger mit der vielgestaltigen Körperlichkeit ihrer «Chromosomen» die variablen Metamorphosen der Bewegungen und Verwandlungen, des Aufgewickelten, Gedrehten, Verschlungenen in verschiedensten Formationen durch; greift das Thema immer wieder neu auf.
(…) Allen Arbeiten ist eins gemeinsam: die künstlerisch-figurative Wandelbarkeit, die aus der Spannung und der Formbarkeit des Materials eine phantasiebewegte Vielgestaltigkeit auslöst, mit unserem Erbträger als umfassender Uridee und mit schlanken, einfachen Körpern als tänzerisch miteinander agierenden Beziehungen.
Es geht weder um Knoten noch Knäuel im herkömmlichen Sinn, sondern um zwischenmenschliche Berührungen und sanfte Umfassungen, um Nähe und Distanz, um die Wandelbarkeit, Verwandlung und Neuformung des Lebens, aus der Einfachheit der Form eine Vielfalt zu gestalten.
Womit wir bei den «Beziehungen» wären, dem ersten Thema ihrer Arbeiten mit den Eisenrohren. Wobei sich der Kreis nicht schliesst, sondern neuen thematischen Zielen öffnet.
Text: Eva Buhrfeind, in: Martina Lauinger – Eisenplastikerin, Hrsg. The View & M. Lauinger, 2018.
Lebenslauf: CV_Martina Lauinger (PDF)
Webseite: www.lauinger.ch