Kunstschaffende
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Konrad Vetter (2.4.1922-10.10.2014)
Bürgerort: Affeltrangen (TG)
Schaffensort: Bern
Konrad Vetter arbeitet in den Medien Zeichnung, wobei seine Arbeitsmittel Bleistift, Lineal und Zirkel sind, Glasmalerei und Glasplastik. Nach Akten, Stillleben und Landschaften in den 1940er Jahren entstehen kalligrafische Blätter (Ohne Titel, 1958) und insbesondere geometrisch streng gegliederte Arbeiten (Strasse II, 1946; Positiv, Negativ, 1959). Um 1970 erfindet Vetter visionäre Selbstporträts mit kubischen Elementen (Realitäten, 1972) und unbekannte Flugobjekte (Sich fortbewegendes Ufo, 1970).
Seit den 1960er Jahren konzentriert sich Vetter immer mehr auf eine geometrische und zugleich transzendente Weltsicht. Mit einfachen, klaren Formen – Quadrat, Parallele, Kurve auf quadratischem Gitterraster – konstruiert er die Illusion der Wirklichkeit. Durch Ausmalen oder Weglassen entstehen symmetrische und rhythmische, scheinbar bewegte Strukturen: Vexierbilder aus Flechtwerken, Knoten, Wellen, Spiralen, Rauten und Quadern (Meditation V, 1987–1988). Häufig geht Vetter von Ornamenten aus, die er auflöst, um daraus neue Strukturen zu entwickeln, die unendlich wiederholbar scheinen. Er modifiziert Ornamente aus der Heraldik (Feh-Zeichnung 3, 1961) sowie keltische, maurische und etruskische Muster (Arabisches, 1996). Die Prägnanz der Form bestimmt das Verhältnis von Figur und Grund.
Etwa seit 1960 realisiert er komplexe Formsysteme auch in dreidimensionalen gläsernen Modellen. Ein zentrales Thema – neben geschlossenen und aufklappbaren, sich unendlich spiegelnden Würfeln (Tabernakel, 1992) – ist ab 1963 und über 20 Jahre hinweg die Idee der Jakobsleiter, einer Treppe, die – nach dem ersten Buch Moses (1–28, Vers 10–19) – Erde und Himmel verbindet. Vetter realisiert diese Vorstellung in vielen Objekten, wobei er die Polarität von Dies- und Jenseits durch die Konstruktion und das Material bewusst macht: eine Stiege aus Plexiglas in Winkeln zwischen zwei Stäben endet in einem Gittergerüst vieler Stäbe (um 1980), mehrere Treppen aus Aluminium, die sich kreuzen, sind von einem Stäbegitter gerahmt (um 1980).
Zu den weiteren Arbeiten gehören Faltreliefs aus Papier, gläserne Türme und aus Schichten aufgebaute, liegende Glasreliefs. Scheiben – und mit ihnen seine Vorstellung von Licht und Materie – gestaltet Vetter in einer streng zurückhaltenden, horizontal-vertikalen Komposition mit reliefhaft sich verdichtenden Bleistegen (Bleizeichnung, 1996). Zwischen sehr präziser handwerklicher und freikünstlerischer Gestaltung verbindet Konrad Vetters Œuvre wesentliche Aspekte von Material und Transzendenz, Ornament und Raum.
Konrad Vetter besuchte die Lehre als Glasmaler (1938–1942), die Kunstgewerbeschule (1938–1945) und die Malschule von Max von Mühlenen (1948–1953, Aktzeichnen) in Bern. Seit 1941 war er Mitarbeiter der Glasmalerei-Firma Paul Wüthrich, Bern, die er 1965 übernahm. 1956, 1957 und 1958 erheilt er das Eidgenössische Kunststipendium. Von 1964–1968 war er Mitglied der Kantonalen Kunstkommission in Bern.
Tätigkeitsbereiche: Glasarbeiten, Glasmalerei, Kunst am Bau, Malerei, Objektkunst, Skulptur, Zeichnung
Text: Barbara Wucherer-Staar: «Konrad Vetter». In: SIKART Lexikon zur Kunst in der Schweiz, 2018 (erstmals publiziert 1998).
SIKART Lexikoneintrag: https://recherche.sik-isea.ch/sik:person-4002362/in/sikart
Webpage: https://konrad-vetter.ch/dervetter/